Samstag, 15. Mai 2010

Erwachsen werden in Peru...

Letzte Woche ist wieder ein neues Mädchen aufgenommen worden, das wohl auf der Straße gefunden wurde. Sie ist ca. 18 Jahre, aber spricht kein Wort Spanisch! Sie hatte wahrscheinlich weit oben in den Bergen gelebt und scheinbar bisher noch nie eine Schule besucht. Stattdessen hat sie ihr ganzes Leben Lamas oder Alpakas gehütet. Sie verhält sich sehr unsicher und teilweise verspielt wie ein zehnjähriges Kind. Obwohl sie nicht die einzige ohne Bildungszugang ist, was ich nach meiner Reise durchs Colcatal weiß (weil ich dort viele junge Mädchen an völlig abgelegenen Orten Tiere hüten gesehen habe), wirkte es auf mich erschreckend. Ich habe am Dienstag angefangen erste Wörter mit ihr zu schreiben und zu lesen. Als ich die Schwester fragte, ob ich sie trotz verpasster Anmeldung mit in die Grundschule nehmen kann, antwortete sie mir, dass sie schon in der Schule gewesen sei, von dort aber abgehauen ist und folglich nicht hingehen möchte. Als ich mit ihr las und schrieb, arbeitete sie aber sehr interessiert und motiviert.
Eine Alternative in Peru erwachsen zu werden gibt es allerdings auch: Am Donnerstag kam uns Raul besuchen, der seit Ende Januar nicht mehr in der Albergue lebt, sondern in Cusco studiert. Er hat gerade sein zweites Trimester abgeschlossen und kommt wohl gut mit den Studienanforderungen und dem neuen Leben in der Stadt zurecht (das sich doch strak von dem hier auf dem Land unterscheidet). Er kannte mich noch gut, obwohl ich erst zwei Wochen da war, als er ging. Spontan half er geduldig bei der Hausaufgabenbetreuung und unterhielt sich auch mit den neuen Kindern sehr freundlich. Dieses Beispiel stärkt die Hoffnung, dass das Leben in der Albergue doch eine Grundlage für eine bessere Zukunft schafft.

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