Samstag, 12. Juni 2010

Laptops für alle


Seit zwei Wochen arbeiten wir wie viele andere in Peru (u. A.) mit Laptops in der Grundschule. Ich bin gebeten worden, diese zu aktivieren und mit dem Computerunterricht beauftragt. Jeder Schüler hat seinen eigenen XO-Laptop, die über Funk innerhalb eines Klassenraums zum Austausch und zur Veröffentlichung von Dateien aller Art miteinander vernetzt sind. Diese PCs sind speziell für den schulischen Gebrauch produziert worden. Entprechend einfach ist ihre Bedienung mit dem Linux-Betriebsystem. Die Kinder können nicht nur Texte schreiben und zeichnen, sondern auch Fotos machen und bearbeiten, Musik komponieren, sich vorlesen lassen, sich über ein internes Wiki informieren und einiges mehr. Ihre Motivation mit den Geräte zu arbeiten ist sehr hoch und lässt auch kleinere technische Schwierigkeiten zu Herausforderungen werden.

Clemens ist da - lasst uns spielen...



Clemens ist letzten Samstag gut in Cusco gelandet und seit einer Woche voll in das Leben der Albergue integriert. Er hat nicht nur kleine Geschenke, sondern auch einige Spiele mitgebracht, die den Kindern ihren Nachmittag versüßen. Nach den Hausaufgaben probierten wir jeden Tag ein anderes neues Spiel aus: wir kletterten, schaukelten, spielten Halli-Galli, Memory, Heck-Meck, hüpften Gummitwist und vieles mehr. Die Jungs freuten sich spürbar über ein männliches Vorbild und die kleinen Mädchen über einen "Papa"!

Sonntag, 6. Juni 2010

AlbergueJunio1

Frei spielen


Neben Sexualerziehung und Uhr-Lese-Unterricht bot ich die letzten Wochen freie Spiel- und Lesezeiten an. An einem Tisch bereitete ich das heißbegehrte Memoryspiel aus, das meine Mutter in feiner Handarbeit anfertigte; an einem anderen stellte ich Yengasteine bereit, die sehr vielfältig genutzt wurden. Für wartende Kinder legte ich zwei Knobelaufgaben aus. Einen Tisch füllten einige Kinder, die beliebte Asterix- und-Obelix-Comics lasen. Draußen sprangen bewegungsfreudigere Gummitwist oder Seil. Die Kinder genossen diese Freiheit, völlig selbst entscheiden zu können, mit welchem Gegenstand sie wie und wie lange spielen. Alle Materialien ließen verschiedene Spielvarianten zu, welche sie kreativ und ihren Fähigkeiten entsprechend ausschöpften. Es war schön, Jungen und Mädchen in altersgemischten Gruppen zusammenspielen zu sehen.

Freitag, 28. Mai 2010

Praxis integrierter Dorfentwicklung


Ein Beispiel für die Interaktion der Albergue mit den Dorfbewohnern Quiquijanas ist die Rosenkranz-Wallfahrt: Den gesamten Marienmonat Mai über sind wir täglich nach den Hausaufgaben mit allen Kindern singend und betend durch die Straßen Quiquijanas gepilgert und jeden Tag in einem anderen Haus mit der Marienstatue eingekehrt, um dort mit und für die Gastgeber den Rosenkranz zu beten. Die jeweilige Familie empfing die achtzig Kinder immer sehr freundlich. Die Kinder beten den Rosekranz in zwei Grupppen bzw. mit einem Vorbeter. Nach dem dritten Tag beteten auch die jüngsten mit und für manche lieferte das Vaterunser und Ave-Maria die ersten vollständigen Sätze auf Castellaño. In der letzten Woche haben einzelne freiwillige Kinder stolz für ein Mysterium den Part des Vorbeters übernommen. Mit heißem Tee, Kakao, Keksen oder Kuchen dankten uns die Bewohner und bewahrten die Marienstatue bis zum nächsten Tag gewissenhaft auf, an dem wir ihren Weg fortsetzten.
An diesem letzten Sonntag im Mai werde ich abschließend mit den Kindern,die durchgehend in der Albergue leben, einen eigenen Rosenkranz knüpfen, wie es mich meine Patentante lehrte. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Die Kinder knüpften ihren eigenen Rosenkranz mit viel Präzesion, Geduld und Stolz. Das Material reichte natürlich nicht für alle, so dass ich diese Woche Nachschub kaufe. Diesen Sonntag lassen wir die letzten Rosenkränze segnen.

Samstag, 15. Mai 2010

Wir pflanzen und pflegen...

Sor Nelly, Professora Pavela, einige Jungs und ich verlegen Rohre zur Wasserversorgung der Gewächshäuser

Viele junge Gärtner




Am Mittwoch (als schulfrei war) habe ich den ganzen Tag mit den Kindern in und um die Gewächshäuser herum gearbeitet. Wir haben Löcher gegraben, Erde gesäubert und aufgefüllt und neue Pflanzen gesetzt. Dazu wurden wir mal wieder resycelnd kreativ. Ich habe große Plastikflaschen (die wir am Flussufer und von der Straße gesammelt hatten) in der Mitte durchgeschnitten und in jede Hälfte vier Löcher gestochen. Diese Sprossenhäuschen haben wir jeweils in eines der vorbereiteten Löcher gesteckt und mit vier Pflänzchen versehen, die darin und von dem Wasser, das sich dort konzentriert, wachsen sollen. Außerdem haben wir Unkraut an den äußeren Rändern der Gewächshäuser ausgegraben, damit es nicht hineinwächst. Nutzbare Pflanzen wurden natürlich aussortiert und umgepflanzt, damit sie nicht verfrieren. Leider hatten wir keine Hacken oder ähnliches hilfreiches Werkzeug. Neben unserer Hand konnten wir nur einen spitzen Stein nutzen, um die sehr harte und trockene Erde zu lockern, damit sich die Wurzeln lösen.
Nachmittags habe ich zusammen mit der leitenden Lehrerin Wasserrohre vom naheliegenden Fluss zum Gelände verlegt. Für die Ecken gab es keine Verbindungsstücke (in Quiquijana, in Cusco schon), so dass wir die Kunststoffrohre an zwei Stellen erhitzt haben, um sie zu biegen.
Als wir in die Albergue zurück kamen, mussten wir erneut feststellen, dass es wirklich seit langer Zeit nicht mehr geregnet hat, denn unsere Wasserhähne blieben trocken! Also nichts mit Duschen nach der erdigen Arbeit!

Gott - unser guter Hirte

Religionsunterricht in der ersten und zweiten Klasse. Das ist hier einerseits schwieriger als bei uns, weil ich kaum mit den Kindern sprechen kann, da sie größtenteils nur Quechua verstehen. Andererseits erscheint es oft einfacher von Gott zu sprechen, weil sie die vielen Gleichnisse Jesu ohne Übertragung direkt verstehen. Sie beschreiben Phänomene aus ihrem Alltag, wenn zum Beispiel Gott als Hirte beschrieben wird, der auch ein einzelnes verlorenes Schaf sucht, was wir nachgespielt, gezeichnet und geschrieben haben. Die Übertragung, dass der Hirte Gott verkörpert und wir seine Schafe sind, haben sie nahezu alle ohne Hilfe geleistet! Die Situation, ein verlorenes Schaf zu suchen ist für sie so alltäglich, dass sie sich direkt hineinversetzen konnten – wie lebensnah die Bibel doch ist!

Erwachsen werden in Peru...

Letzte Woche ist wieder ein neues Mädchen aufgenommen worden, das wohl auf der Straße gefunden wurde. Sie ist ca. 18 Jahre, aber spricht kein Wort Spanisch! Sie hatte wahrscheinlich weit oben in den Bergen gelebt und scheinbar bisher noch nie eine Schule besucht. Stattdessen hat sie ihr ganzes Leben Lamas oder Alpakas gehütet. Sie verhält sich sehr unsicher und teilweise verspielt wie ein zehnjähriges Kind. Obwohl sie nicht die einzige ohne Bildungszugang ist, was ich nach meiner Reise durchs Colcatal weiß (weil ich dort viele junge Mädchen an völlig abgelegenen Orten Tiere hüten gesehen habe), wirkte es auf mich erschreckend. Ich habe am Dienstag angefangen erste Wörter mit ihr zu schreiben und zu lesen. Als ich die Schwester fragte, ob ich sie trotz verpasster Anmeldung mit in die Grundschule nehmen kann, antwortete sie mir, dass sie schon in der Schule gewesen sei, von dort aber abgehauen ist und folglich nicht hingehen möchte. Als ich mit ihr las und schrieb, arbeitete sie aber sehr interessiert und motiviert.
Eine Alternative in Peru erwachsen zu werden gibt es allerdings auch: Am Donnerstag kam uns Raul besuchen, der seit Ende Januar nicht mehr in der Albergue lebt, sondern in Cusco studiert. Er hat gerade sein zweites Trimester abgeschlossen und kommt wohl gut mit den Studienanforderungen und dem neuen Leben in der Stadt zurecht (das sich doch strak von dem hier auf dem Land unterscheidet). Er kannte mich noch gut, obwohl ich erst zwei Wochen da war, als er ging. Spontan half er geduldig bei der Hausaufgabenbetreuung und unterhielt sich auch mit den neuen Kindern sehr freundlich. Dieses Beispiel stärkt die Hoffnung, dass das Leben in der Albergue doch eine Grundlage für eine bessere Zukunft schafft.

Samstag, 8. Mai 2010

Unsere Leseratten


Nach den drei Musketieren ist jetzt "der Cid" dran! (Am Wochenende ausnahmsweise ohne vorher den Schlafanzug anzuziehen und sich ins Bett zu legen.)

Freitag, 23. April 2010

Neues aus der Schule

Einige der in der berichteten Elternversammlung vereinbarten Verbesserungen wurden mittlerweile umgesetzt. (Das ist deshalb erzählenswert, weil man eine solche Konsequenz von den meisten Peruanern nicht gewöhnt ist.)
Vor drei Wochen erhielten die ersten Schüler und Schülerinnen ihre versprochenen neuen Uniformen, inklusive Schuhe. Trotzdem fehlen für die Erstklässler immer noch einige Teile.
Erfreulicherweise werden seit dieser Woche die dritte und vierte Klasse in getrennten Räumen und von einem je eigenen Lehrer separat unterrichtet. Ein neuer Kollege, den die Gemeindeverwaltung absandte, ermöglichte diese Notwendigkeit. Außerdem verteilt die Direktorin seit Montag an jedes bedürftige Kind täglich ein Brötchen zur Frühstückspause. Auch ein Fluchtplan mit entsprechenden Notausgangsschildern wurde eingerichtet.

Die ersten Früchte

Die Erntezeit beginnt...



Im Gewächshaus grünt und blüht es; die ersten Früchte sind reif. Die ersten Radieschen und den ersten Mangold habe ich schon gekostet. Sie schmecken sehr aromatisch!
An drei Tagen der Woche arbeitet je eine andere Gruppe von Kindern dort. Sie ernten das Gemüse, lockern die Erde, jäten Unkraut oder befreien die Erde von Steinen. An diesen Tagen erledigen sie ihre Hausaufgaben ungewöhnlich schnell – vielleicht aus Freude, danach auf die „Chacra“ zu gehen. Dazu setzen sie sich jede Woche mit einer anderen Gemuesesorte auseinander. Diese beobachten sie nicht nur in ihrem Wachstum und der Ernte, sondern auch in der Zubereitung. Theoretisch reflektieren und festigen sie das Erfahrene anschliessend ueber ein faecheruebergreifendes Arbeitsblatt. Ich habe begonnen eine Serie von Arbeitsblaettern unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade zu erstellen, die zu jeder Gemuesesorte deren botanische Grundlagen und realitaetsnahe sprachliche und mathematische Problemstellungen behandelt.

Insgesamt werden vierzehn verschiedene Gemuesesorten angebaut: Radieschen, Mangold, Spinat, Gurke, Zuchini, Tomate, Brokoli, Blumenkohl, Bohnen, Erbsen, rote Beete, Lauch, Sellerie und Kopfsalat.
Auch das Niedrig-Energie-Haus mit seinem Ofen aus Vulkansteinen, einem Regenwasserauffang- und –aufbereitungssystem und drei umweltschonenden Abwasserkontainern in der Erde ist bald vollendet. Es werden nur noch kleine Innenarbeiten vorgenommen.

Hausaufgabenzeit

Samstag, 17. April 2010

Neue Nachmittagsangebote


Letzte Woche begann ich mit neuen Kursen nach der Hausaufgabenbetreuung, da ich ab dieser Woche als einzige Freiwillige mit den Kindern arbeite. Also bereitete ich vier möglichst verschiedene Freizeitkurse vor, an denen Kinder unterschiedlichen Alters teilnehmen können. In der ersten Woche konnte kommen, wer wollte, um in den Uhr-Lese-Kurs, den Sexualunterricht oder den Aerobic-Kurs mal hereinzuschnuppern und sich zu orientieren, was sie gerne machen möchten. (In der folgenden Woche sollen sie sich verbindlich in die entsprechende Liste eintragen.)
Dienstags nachmittags hat jedes Kind nach einer kurzen Zeitfühlphase seine eigene Uhr mit allen Zeigern und Ziffern gebastelt - den Aufbau einer Uhr konnten sie so am konkretesten lernen. Außerdem brauchen wir diese für die folgenden Einheiten.

In die Sexualerziehung sind wir mit einem Vergleich der Pubertät zur Verpuppung einer Raupe beim Übergang zum Schmetterling eingestiegen. Danach haben alle begeistert ihre Fragen und Themen auf kleinen Zetteln anonym notiert, die sie in diesem Kurs bearbeiten möchten. Anschließend haben sie mit großer Beteiligung die körperlichen Veränderungen, die sich bei der Entwicklung vom Mädchen zur Frau bzw. vom Jungen zum Mann ereignen, auf einem von mir erstellten Arbeitsblatt gesammelt.

Nach dem Aerobic-Kurs fragten die Mädels schon am Sonntag. Als wir am Donnerstag schließlich wie geplant die Musik einschalteten und unsere Körper zum Rhythmus bewegten, konnten wir die neidisch zuschauenden Jungs mit keinem Mittel von den Fenstern vertreiben. Vielleicht kann ich die Schwestern und einige zweifelnde Mädchen davon überzeugen, doch einen gemischten Kurs zu machen - auch wenn es wahrscheinlich der erste weltweit wäre!

Danke für Ihr Interesse und die umfangreiche Spende



Das Missionsessen brachte einen Beitrag von 500 € ein! Hier sind das unglaubliche 2000 Soles. Der Wert kann fast in allen Bereichen wie in Euro verstanden werden und hat damit wirklich eine große Bedeutung für die Albergue in Peru.

Leckeres Essen zu einem fairen Preis für Kinder in Peru, die oft hungern müssen



Danke an alle Gäste, Spender und Teilnehmer am Missionsessen. Ihr Beitrag kommt sicher in unserem Projekt an und wird für die Ernährung, Kleidung, gesundheitliche Versorgung und pädagogische Foerderung der über 80 Kinder in unserer Einrichtung dankbar eingesetzt. Ein herzliches Dankeschön für diese hilfreiche Unterstützung von allen Kindern, Schwestern und mir.

Missionsessen zugunsten der Albergue Uñacha



Vielen vielen Dank für das Engagement und den herzlichen Einsatz der vielen Helfer beim Missionsessen am Palmsonntag in meiner Heimatgemeinde St. Margareta.

Samstag, 10. April 2010

5 Taufen in der Osternacht und ich bin eine der Taufpaten

Das Müllproblem


"Jetzt hebt ihr bitte die Fetzen von euren Wasserbomben auf!". Lachend fragten mich die Kinder erstaunt: "Warum?". "Weil es Müll ist, der unseren Boden, die Pflanzen und die Luft zerstört", erkläre ich geduldig. "Aber hier liegt doch schon soviel Müll! Wo sollen wir die Plastikfetzen denn hinwerfen?" Das nächste Problem: Es gibt kaum öffentliche Mülleimer. Hier schmeißt jeder seinen Müll auf die Straße, in den Fluss oder im günstigsten Fall auf die öffentliche Müllkippe - natürlich unsortiert. Auf diesem Stein- und Plastikhaufen können aber nicht mal Maiskolben oder Kartoffelschalen verrotten.
Die Albergue erscheint dagegen wie eine andere Welt: Es gibt Toiletten, Mülleimer, meistens fließendes, sauberes Wasser und Menschen, die sich um die Sauberkeit ihres Geländes sorgen. Nicht nur, dass wir uns und unsere Räume jeden Tag mit Seife putzen und unsere Lebensmittel nicht im Tierstall lagern. Außerdem gibt es zwei Gruppen von Kindern, deren Aufgabe es jeden Morgen ist, sämtlichen Müll bis auf den kleinsten Papierschnipsel aus der Gartenanlage und den Wegen zu sammeln.
Vor zwei Monaten haben wir den Komposthaufen auf dem Gelände der Gewächshäuser eröffnet. In die Küchen wurde je ein zweiter Mülleimer für organische Abfälle gestellt. Damit begann eine lange Phase des geduldigen Erklärens und Einübens der Mülltrennung: "Nein, bedrucktes Papier gehören nicht in den Eimer für organische Abfälle, weil die Farb- und Bleichstoffe die gute Erde verseuchten, die wir aus dem Kompost gewinnen können." "Der Kompostmüll sollte auch nicht in Plastikmülltüten gesammelt werden, weil sich durch den einsetzenden Zersetzungsprozess giftige Plastikpigmente lösen können und die Tüten auch nach Jahren noch nicht verrotten."
Am Mittwoch nach der Hausaufgabenbetreuung habe ich mit einigen Kindern in einer Unterrichtsphase Mülltrennung thematisiert. In Kleingruppen konnten sie den kleinen Müllberg, den ich ihnen hinlegte, problemlos in drei Gruppen sortieren, ohne dass wir diese vorher besprochen hätten! Danach benannten sie die Gruppen einstimmig und ordneten relevante Müllteile den einzelnen Kategorien zu. Mit Freude und Mühe erstellten sie Plakate zu jedem Mülltyp, die wir in ihre Küche über die beschrifteten Mülleimer hängten.
Gestern haben einige Kinder Landschaftsbilder gemalt, mit einem Fluss ohne Müll – haben sie extra betont.

Donnerstag, 8. April 2010

Deutsche und peruanische Osterrituale oder wie man Müll verwertet…





In dieser Karwoche fand kein Unterricht in den Schulen statt. Die Jungs haben morgens auf dem Feld und in den Gewächshäusern gearbeitet, die Mädchen hatten verschiedene Putz- und Kocharbeiten. Ich habe morgens mit den jüngeren Kindern Bücher gelesen, gezählt, gespielt etc. Nachmittags habe ich mit allen Kindern jeden Tag anderen Müll kreativ in Schmuck verwandelt bevor wir zur Messe gingen. Montags begannen wir mit Osterhasen aus Klopapierrollen: eine Rolle stellte den Körper dar, die andere schnitten wir auf, um daraus Ohren und Pfoten zu machen. Einige Kreative haben auch Schmetterlinge, Katzen, Bären etc. aus dem Papiermüll gezaubert. Dienstags haben wir Eierkartons verwertet. Hast du dir so einen Eierkarton mal von oben angeschaut? Wie viele Blumen findest du? Und wie viele sind es erst in einer 30er Palette? Die Kinder haben also wild Blüten in den Eierkartons gesucht, nachgezeichnet und ausgeschnitten. Danach haben sie sich draußen einen Ast gesucht, der den Stil der Tulpe darstellte. Fruchtknoten, Stempel und Fruchtblätter wurden aus einer Lage eines Blattes doppellagigen Klopapiers geformt und am Stil befestigt. Der kleine Rest Eierkarton zwischen zwei Blüten eignet sich wunderbar als Blatt.
Am Mittwoch haben wir Ostereier mit Wasserfarben bemalt. Für Manche war das die erste Chance, sich mit Pinsel und Farbe auszuprobieren. Sie zeigten sich aber begabt. Kaum einer kannte die Tradition zu Ostern ein gekochtes Ei zu bemalen, obwohl mir eine Lehrerin aus Cusco bestätigte, dass es dieses Ritual auch hier gebe. Am Gründonnerstag gibt es hier in Peru das Ritual zu Mittag zwölf Gänge zu essen. Dank einiger großzügiger Spenden konnten die Kinder der Albergue erstmalig auch an diesem Festmahl teilnehmen, das sie natürlich selbst mitzubereiteten. Unter anderem aus den ersten Radieschen ihres Gewächshauses!
Am Ostersonntag habe ich die bunten Eier im Garten der Albergue versteckt und jedes Kind hat sein Ei begeistert gesucht. Wer schon mittwochs meinte, sein so sorgfältig bemaltes Ei am Sonntag nicht essen zu wollen, konnte sich vielleicht etwas trösten, indem er oder sie ein Pappei als Fensterbild bastelte. Auch hierzu verwendeten wir alte Pappkartonreste.
Nasen und Masken aus Eierkartons haben die Kinder am Ostermontag gebastelt. Stolz erschreckten sie andere oder brachten sie zum Lachen.

Samstag, 27. März 2010

"İBuenos dias compañeros!"



Ich gebe ab diesem Montag jeden Tag die erste Stunde Unterricht in der einen Grundschule hier. (Mehr Zeit habe ich nicht, weil ich danach die Speisen für den Kiosk-Verkauf vorbereiten muss.) Es sind immer zwei Jahrgänge in einem Raum untergebracht und werden von einer Lehrperson gemeinsam unterrichtet. Montags gebe ich mit Mathematikunterricht in der ersten und zweiten Klasse, dienstags und mittwochs Ästhetische Erziehung (Kunst, Musik, Theater) in der dritten und vierten Klasse, donnerstags in der fünften und sechsten Klasse abwechselnd Englisch und Mathematik und freitags gebe ich Religionsunterricht in der ersten und zweiten Klasse. Der Unterricht macht Spaß und ist leichter als in Deutschland, obwohl es wesentlich mehr Kinder pro Lerngruppe (ca. 40) sind. Sie sind einfach disziplinierter und wundern sich immer, wenn ich von ihnen verlange sich zu bewegen. Auch der Stuhlkreis heute Morgen hat großes Staunen hervorgerufen. Diesen Freitag vor Ostern habe ich im Religionsunterricht wie Jesus am letzten Abendmahl den Kindern die Füße gewaschen und wir haben ein Brötchen und ein Glas Saft geteilt. Es war das erste Mal, dass ich bei diesem Thema nicht erklären musste, warum Jesus die Füße und nicht die Hände seiner Jünger wusch. Mit ihren Ojota-Sandalen und ihrer armen Lebensweise sind die Kinder den Jüngern Jesu näher als wir – das zeigte auch das Wasser. Die Kinder, von denen nur sehr wenige Castellaño sprechen, haben am eigenen Körper erfahren, geschmeckt und gefühlt, wie dieses besondere Abendmahl war. Außerdem konnten viele die verwendeten Elemente wie Brot, Wein oder Wasser und die erfahrenen Handlungen benennen bzw. das neue Vokabular mit realen Gegenständen verknüpfen. Ich bin gespannt, was sie davon wie zeichnen, wenn sie ihre Hausaufgabe nächste Woche zeigen!
Jeden Morgen stellen sich alle Kinder der Schule in gleichgeschlechtlichen Reihen nach Klassenstufen geordnet auf und folgen den Armee-Befehlen der Direktorin bzw. eines Lehrers. Nach dem ein Schüler die Lehrer und seine Mitschüler begrüßt hat, ein andere den Tag und das Datum vortrug und das Morgengebet im Chor gesprochen wurde, folgt ein kurzer Vortrag des leitenden Lehrers organisatorischer oder kultureller Thematik (falls es ein Feier- oder Gedenktag ist). Hier in Peru gibt es zu vielen Ereignissen oder kulturell bedeutsamen Werten Gedenktage. Auch ich werde einmal im Monat eine solche Thematik vorbereiten. Anschließend tragen freiwillige Schüler und Schülerinnen Gedichte, Geschichten, Lieder, Scherzfragen oder Aufgaben vor. Zum Schluss dieser Morgenversammlung gehen die Kinder nacheinander in ihren Klassenraum, nachdem sie ihre Nummer gerufen haben. So zählen sie sich selbst und auch die Lehrer können schon ihre Anwesenheit erfassen. Montags morgens wird zum Wochenbeginn die peruanische Flagge gehisst und die Hymne gesungen. Eine solche morgendliche Zusammenkunft aller Schüler, mit der Möglichkeit Erlerntes zu präsentieren und dafür mit Applaus und Anerkennung belohnt zu werden, finde ich ein tolles Ritual, das den Kindern ermöglicht, den Schultag gemeinsam zu beginnen. In kleiner Form als Morgenkreis kenne ich das leider aber nur vereinzelt aus Deutschland.
Am Freitagnachmittag habe ich fuer einige Kinder der Albergue die Elternversammlung dieser Grundschule besucht. Die Eltern wurden fuer 13 Uhr bestellt; um 13:30 Uhr sassen wir schliesslich slle in einem Klassenraum und lauschten der Begruessung der Direktorin. Sie hatte die Tagesordnung an die Tafel geschrieben. Sie erlaeuterte erst zweisprachig einige organisatorische regelungen – wie zum Beispiel die Trennung der dritten und vierten Klasse aufgrund der grossen Schuelerzahl. Anschliessend kam ihr Kollege zu Wort. Einleitend forderte er die Eltern freundlich aber deutlich auf, gemeinsam mit der Schule und ihren Kindern an einigen Problemen zu arbeiten, die ihre Bildungschancen und ihre Lebensbedingungen einschraenken. Es sei allerdings sehr wichtig, an dieser Stelle nicht alle Probleme zu sammeln und zu diskutieren, weil ihre gelichzeitig Loesung unmoeglich waere. Um produktiv etwas zu veraendern, sollten sie sich auf drei zentrale Probleme konzentrieren. An erste Stelle setzte er die mangelnde Lesefaehigkeit, die mit der Bilingualitaet ihrer Kinder und des immernoch weit verbreiteteten Analphabetismusses verbunden sei. Er erklaerte verstaendlich die Konsequenzen dieser fehlenden Schriftsprachlichkeit und erlaeuterte konkret einfache Ansaetze zur Verbesserung. Auch er sprach mehr auf Quechua als auf Castellaño. Sein zweites Problem stellt die Umweltverschmutzung dar, dessen gesundheitliche Konsequenzen jeder spueren koenne, weil sie die kontaminierte Erde mit der Nahrung und der Luft taeglich in ihre Koerper aufnaehmen. Klar und eingaenig forderte er zur verantwortlichen Muelltrennung auf. Schliesslich sprach der den inkonsequenten Umgang mit sozialen und paedagogischen Werten an, der sich negativ auf die Persoenlichkeitsentwicklung ihrer Kinder auswirke. Waehrend seiner Rede und auch anschliessend bei der konstruktiven Diskussion, wie es moeglich sei mit sehr geringem Budget das Schulgebaeude mit der Hilfe aller zu reparieren, wurde jeder Vater und jede Mutter in der ihm moeglichen Sprache angehoert. Mit einem konkreten Zeitplan, wann welche Baustelle wie angegangen werde, verliess ich nach drei einhalb Stunden etwas erschoepft aber beeindruckt den Klassenraum.

„Darf ich heute vorlesen?“


Seit einem Monat lesen wir jeden Abend ein Kapitel vor dem Einschlafen. Alle Jungs liegen gewaschen und mit geputzten Zähnen in ihrem Bett und lauschen einer Geschichte, die einer von ihnen vorliest. Am ersten Abend laß ich vor. Schon am zweiten Abend fragte mich ein Junge, ob er nicht heute lesen dürfe. Erfreut gab ich ihm das Buch. Er las mit lauter Stimme und Betonung vor und bald hörten ihm auch die unruhigsten gespannt zu. Mittlerweile liest jeden Abend ein anderer abwechselnd. Stolz halten sie das Buch in der Hand und bemühen sich klar und betont zu lesen. Auch jüngere Leser trauen sich und erhalten am Schluss anerkennenden Applaus. Zwischendurch laufe ich mit dem Buch durch die Bettreihen und zeige allen die Zeichnungen zur Geschichte, was auch den jungen Castellaño-Lernern ermöglicht, zumindest die zentrale Handlung zu verstehen. Die Jungs genießen diese Zeit, in der sie ruhig werden und in die Welt des Buches eintauchen. Wenige lesen auch ihr eigenes Buch oder Heft oder schlafen ein, wenn sie zu müde zum Zuhören sind. Letzten Sonntag haben wir nachmittags den Film Robin Hood angeschaut, nachdem wir das entsprechende Buch beendet hatten. Diese Woche haben wir mit dem Buch „Moby Dick“ begonnen.

Sonntag, 21. März 2010

Wie eine Hospitation zum Vertretungsunterricht wird…

Am Freitagmorgen hatte ich mit den Schwestern abgesprochen, für eine Stunde das Angebot des Lehrers wahrzunehmen, in seinem Unterricht der ersten oder zweiten Klasse der einen Grundschule in Quiquijana zu hospitieren. Ich ging also mit einigen Kindern aus der Albergue morgens zur Schule. Obwohl wir fünf Minuten zu spät kamen, worüber ich mir den ganzen Weg schon Gedanken machte (aber kleine Kinder laufen eben langsamer), war ihr Lehrer noch nicht da. Auch eine andere Klasse wartete noch auf ihren Lehrer. Ein Kollege bei dem ich mich vorstellte, riet mir vor der Tür auf ihn zu warten. Die anderen Erstklässler liefen immer wieder neugierig aus dem Raum, um zu sehen, wer denn Unbekanntes vor der Tür warte! Nach weiteren fünf Minuten fragte ich diesen Kollegen, ob ich den Unterricht nicht einfach beginnen soll. Er stimmte begeistert zu, begleitete mich in den Raum und erklärte den Kindern, dass ich ihre Lehrerin sei bis der eigentliche Lehrer komme. Ich stellte mich den Kindern vor und begrüßte sie, was sie im Chor beantworteten. Wir begannen mit einem Klatschrythmus, auf den wir zählten und dabei die Dreier-Reihe betonten. Ich teilte die Klasse in zwei Hälften, die verschiedene Schritte zählten. Anschließend wiederholten wir die Vokale in ihrer Aussprache und Schreibung, indem wir Wörter suchten, in denen sie vorkamen und gemeinsam in die Luft schrieben. In der folgenden Phase bat ich immer Kleingruppen von freiwilligen Schülern oder Schülerinnen nach vorne, die sich in zwei Gruppen separat aufstellen sollten. Ihre Anzahl wurde vom Rest der Klasse direkt oder zählend bestimmt. Danach forderte ich die vorne stehenden Kinder auf einen Kreis zu bilden und fragte nach der Summe aller Kinder im Kreis. Die einzelnen Anzahlen hielten wir nummerisch an der Tafel fest. Ich ergänzte anschließend erklärend das Plus- und Ist-Gleich-Symbol. Das wiederholten wir mehrere Male mit variierten Anzahlen bis wir das Ganze rückwärts machten um auch Subtraktionen zu verstehen. Das Vorkommen, Kreisbilden und Zahl-Anschreiben machte den Kindern Spaß und ermöglichte ihnen sich zu bewegen. Alle waren mit Elan dabei. Ich fragte mich nur die ganze Zeit, wann denn ihr Lehrer komme und wie er das finde, dass seine Schüler von einer fremden Lehrerin motiviert scheinbar undiszipliniert im Raum herumlaufen.
In der letzten Phase dieser Stunde bat ich die Kinder ihre Mathematikhefte herauszunehmen und die Aufgabe an der Tafel abzuschreiben. Ich malte einfache Gesichter in Gruppen an und schrieb darunter je ihre Anzahl als Additionsterm. Anstatt des nummerischen Ergebnisses zeichnete ich ein leeres Kästchen und forderte auf die fehlende Zahl einzusetzen. Diese Aufgabenstellung ließ mehrere Lösungswege zu, so dass schwächere Schüler sie auch zählend lösen können. Die Kinder zeichneten kreativ lachende und traurige Gesichter mit Haaren und Ohren in allen Variationen. Anschließend bestimmten sie ihre Anzahl. Meine gewährte „Hospitationszeit“ war mittlerweile abgelaufen, weshalb ich den Kollegen in seiner Klasse aufsuchte, ihm mitteilte, dass der erwartete Lehrer immer noch nicht da sei, ich aber jetzt gehen müsse. Er meine, das wäre okay und fragte mich, ob ich nicht vielleicht regelmäßig Englisch-Unterricht geben könne. Wir vereinbarten, das in der nächsten Woche mit der Direktorin abzusprechen.

Ich baue mir ein Haus, wie es mir gefällt


Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche habe ich mit den Kindern Häuser gebaut. An vielen Stellen hier gibt es Hügel mit verschiedendensten Steinen, weil die Erde hier sehr steinig ist. Diesen Schatz wollte ich nutzen, als ich mit wenigen Neugierigen anfing aus ihnen ein kleines Haus zu bauen. Die Gruppe der kleinen Architekten nahm rasch zu. Sie sammelten kleine und große, flache und runde Steine aller Farben. Manche nutzten auch Erde, Sand, Wasser, Eukalyptusblätter oder –hölzer als Baumaterial. Sie hatten genaue Vorstellungen, wie ihr Haus aussehen soll: „Mein Haus bekommt vier Stockwerke“, „Ich baue ein Haus mit Garten“, „Bei mir ist die Küche in einem extra Gebäude“, „Mein Haus hat einen großen Innenhof“…
Manche Häuser wurden kompliziert mit einem Holzgebälk und Erde bedeckt, andere statisch geschickt mit einem Kuppeldach aus Steinen, wieder andere erhielten kein Dach, weil es nicht regnete (was es in einigen Gegenden Perus tatsächlich nur sehr selten tut, sodass zum Beispiel in Arequipa viele einfache Häuser kein Dach haben). Ihre Kreativität kannte keine Grenzen und Kinder jeder Altersstufe bauten zusammen mit anderen oder alleine ihr Traumhaus, wie es ihnen gefiel und wie sie es konnten. Auch besichtigten sie begeistert und lobend die Konstruktionen der anderen. Keiner wollte zur Albergue zurück, als ich ihnen sagte, wir müssten jetzt gehen, weil es gleich Abendessen gebe.
Ein eigenes Haus ist in der Regel nah mit einem eigenen Zuhause verbunden (im Spanischen ist es dieselbe Formulierung: Me voy a mi casa - Ich gehe nach Hause), was viele dieser Kinder nicht oder kaum haben. So gerne sie in die Albergue kommen und dort wohnen, ist es doch nicht ihr Zuhause. Die jüngsten, die ich häufig morgens in den Kindergarten begleite, erzählen oft Wunschgeschichten von ihrem Zuhause. „Heute gehe ich nach Hause und meine Mama käuft mir Ojotas (sehr einfache Sandalen aus alten Reifen, die hier jeder trägt)“.
Ich habe jedes Kind mit seinem selbstgebauten Haus fotografiert, was ihnen sehr wichtig war. Als es am nächsten Tag regnete, bedauerten sie, dass der Regen vieles ihrer Konstruktionen zerstöre.

Samstag, 13. März 2010

Gemeinsames Abendessen bei Stromausfall

Alphabetisierung statt Hausaufgaben?

Hallo,

mittlerweile leben gut 70 Kinder in der Albergue. (Ca. 10 weitere werden für die nächsten Tage erwartet.) Mit der Menge an Kindern steigt natürlich auch der Lärmpegel, die Rufe und Bedürfnisse, die möglichst gleichzeitig beantwortet werden wollen, Umarmungen, Beschwerden und vieles mehr. Sie machen unseren Alltag bunter, oft auch anstrengender, aber interessant und erfüllend.
Diese Woche habe ich jeden Tag mit allen Kindern der Grundschule Hausaufgaben gemacht. Es sind ca. 40 Kinder, von denen ca. die Hälfte neu in die Albergue kam und kaum Castellaño spricht. Wir saßen (hüften, knieten oder standen) alle in einem Raum - im Idealfall an Tischen. Ohne Anleitung und möglichst noch permanente Begleitung machte kaum jemand seine Aufgaben! Oft erklärte sich das aber auch, weil sie völlig überfordert damit waren: Wie kann ein Kind ohne Alphabetisierung drei lange gekritzelte Sätze in einer fremden Sprache abschreiben? Und Motivation aufbringen, jeden Satz so lange wieder abzumalen, bis je eine Seite gefüllt ist?
Ich wusste oft nicht bei welchem Kind ich zuerst helfen soll. So flitze ich abwechselnd von Kind zu Kind, hielt das eine davon ab, einfach aus dem Raum zu rennen, motivierte das andere ihre Hausaufgaben herauszuholen und nicht halb oder ungemacht das Heft wieder einzupacken, ihre Seiten nicht zu zerreißen, keine Stifte oder Scheren von anderen Kindern anzukauen und auf der Linie zu schreiben, wenn sie endlich mal soweit waren!
Währenddessen gab die eigentlich mitzuständige Schwester im anderen Gebäude Schulmateralien aus, empfang Hilfe suchende Mütter auf Quechua oder schnitt Moosgummiformen aus.

Mit der Menge der Kinder wächst auch die Menge kaputter Kleidung exponentiell. Meistens ist ihre Schuluniform betroffen, die sie natürlich täglich während der Schulzeit tragen, sodass sich meine Nähzeit auf die späten Abendstunden verschiebt. Aber ich flicke ihre Schultaschen, Mützen, Blusen, Pullover und Hosen gerne und sie freuen sich, wieder ordentlich zur Schule gehen zu können.

Freitag, 5. März 2010

Wir besichtigen die fertigen Gewächshäuser und erfahren ihre Bedeutung

Die Musikgruppe - Kinder der Albergue begleiten den täglichen Gottesdienst

Vorlaufkurs - wir lernen spielend

Hallo,

letzten Montag habe ich mit den neu aufgenommenen Kindern eine Art Vorklasse begonnen. Sie sind im (Vor-)Schulalter, kommen oft aus problematischen Familien und sprachen - wenn überhaupt - Quechua. Wir verbringen den Vormittag gemeinsam: Wir begrüßen uns mit Händen und Füßen, singend und natürlich auf Castellaño; wir malten unsere Hände, schnitten sie aus und klebten sie auf ein großes Plakat mit unseren Namen. Wir schauen uns Bilderbücher an und erzählen, wen wir sehen und was passiert, wir puzzeln, spielen Domino, tanzen...Gestern haben wir die Farben auf Castellaño gelernt, indem wir Häuser aus bunten Holzbausteinen bauten.
Auch in der freien Spielzeit danach beobachte ich die Kinder, um den "Unterricht" für den nächsten Tag vorzubereiten. Was spielen sie gerne? Was fällt ihnen schwer? Was möchten sie lernen?
Es macht Spaß und auch ich lerne viel von ihnen!

Samstag, 27. Februar 2010

Der Bau der Gewächshäuser ist abgeschlossen, das perfekte Wassernetz gießt, wenn es soll, die Erde ist umgegraben und die Samen gesetzt



Letzte Woche fiel der Ofen in der Bäckerei aus, nachdem die erste Fuhre Brötchen gerade wenige Minuten drinnen war. Bis in die Nacht versuchten die Schwestern vergeblich zusammen mit den zwei ältesten „Bäckerjungen“ wieder instand zu setzen. Am nächsten Morgen beschloss die Oberschwester den kleinen Holzofen in der alten Küche zu nutzen. Also hackte ich vor dem Frühstück Holz, um den Ofen anzuheizen. Den restlichen Vormittag verbrachte ich damit Holz nachzulegen, das kleine Ofenrohr mit Sauerstoff zu versorgen, Bleche zu ölen, die angebackenen Brötchen umzublechen, damit sie nicht ankleben, sie umzudrehen, bevor sie von einer Seite verbrennen, die Bleche auf den beiden Ebenen des Ofens zu tauschen und schließlich die hinteren Brötchen vor den vorderen - ohne mich zu verbrennen - braun heraus zu angeln! Nebenbei diskutierte ich mit den neugierigen und hilfsbereiten Kindern, warum sie die heißen Brötchen nicht jetzt schon essen dürfen.

Gemeinsames Puzzeln

Am Dienstagnachmittag hat sich spontan (möglicherweise auch wetterbedingt) eine Puzzlesession entwickelt: Alle Kinder saßen zu dritt, zu zweit oder alleine an Tischen und haben gepuzzelt. Es herrschte eine sehr konzentrierte und friedliche Stimmung. Man merkte, dass sich jeder auf seinem Niveau beteiligte und Unterschiede kaum auffielen. Die Jungen und Mädchen von drei bis fünfzehn Jahren puzzelten alleine oder gemeinsam, um die Wette oder zur Entspannung, mit hundert oder 16 Teilen, singend oder lachend, …
Vielleicht bekommt ihr auch Lust, mal wieder zu puzzeln? Viel Spaß!

Sie lernt Lesen und Schreiben und ich Geduld?!

Letzte Woche endeten die Selektionskurse (zur Auswahl, wer in welche Stufe versetzt wird) der Grundschule, so dass diese Kinder jetzt auch vormittags in der Albergue sind. Seit diesem Montag verbringe ich täglich morgens und nachmittags eine Stunde damit, ein Mädchen, dass aufgrund ihres Zeugnisses in die zweite Klasse versetzt wird, aber weder ihren Namen schreiben noch lesen kann, zu alphabetisieren. Sie hat starke Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und die Schreibschriftbuchstaben (die sie hier nutzen muss) motorisch umzusetzen. Wir schreiben nach dem Lautansatz kurze Sätze, die sie sich ausdenkt. Wir singen und tanzen die Laute, spüren sie auf dem Rücken auf dem Tisch, in der Luft, auf Papier, malen und verkörpern die zugehörigen Begriffe… Es ist anstrengend sie immer wieder ruhig aufzufordern, weiter zu machen, neu anzufangen und nicht irgendetwas zu kritzeln, sondern den Buchstaben zu schreiben, den wir sprechen … und vor allem die anderen Kinder, die oft daneben stehen und zuhören, sie leider aber auch auslachen oder anschreien, davon zu überzeugen, dass es sehr schwierig ist, schreiben zu lernen und jeder seine Zeit dafür braucht. Aber ich merke, wie meine Geduld mit ihrer zunehmenden Erinnerung an die Verschriftlichung einzelner Laute von Tag zu Tag wächst!

Samstag, 20. Februar 2010

Por favor, cose mi pantalon!


Während die restlichen Kinder (die nicht zu den Vorbereitungskursen in die Schule gehen) morgens in und vor der Bibliothek spielen oder lesen, flicke ich täglich Hosen, Stümpfe, Pullis, T-Shirts und Rucksäcke für die Schule. Aufmerksam wurde ich auf diese Notwendigkeit, als mich ein Junge eines Morgens fragte, ob es denn heute sehr kalt sei. Er war dabei, seinen Pullover nur um die Hüfte zu binden, anstatt ihn anzuziehen. Ich antwortete, dass es wie immer kalt morgens sei und er ohne Pullover wohl frieren werde. Beschämt hielt er ihn mir entgegen und sagte leise „Mira, que roto!“ (Schau doch, wie kaputt!). Es sprach sich schnell herum, dass ich nähen kann und so wuchs der Stapel löchriger Kleidungsstücke neben mir.

Bis bald,
Johanna

Ein Engel für die Albergue?!

Letzte Woche ist ein Junge neu in die Albergue gekommen. Er sei acht Jahre, gab seine Mutter an, konnte aber kein Wort Kastellanisch – ist also noch nie in der Schule gewesen. Bisher hat er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern gelebt und gearbeitet. Sein Vater ist tot. Die Mutter hat trotz der vielen Arbeit kein Geld oder Rohstoffe, um einen kleinen Beitrag für die Aufnahme ihres Sohnes zu leisten.
Der geregelte Ablauf in der Albergue, den er an den anderen Kindern beobachtete, verunsicherte ihn sichtlich: Er versteckte sich und rannte weg, während man mit ihm sprach. Er zuckte manchmal so ängstlich, als ob er Angst vor Gewalteinwirkungen hätte.
Bis heute konnte ich ihn nicht davon überzeugen, seine Baseball-Mütze zum Schlafen auszuziehen. Zumindest nutzt er mittlerweile seinen Schlafanzug. Wie verzog er das Gesicht, als er wohl zum ersten Mal Zahnpasta schmeckte. Er spuckte trotz Putzanweisung direkt aus!
Heute Morgen war er allerdings der schnellste beim Aufstehen und Duschen. Halb abgetrocknet streckte er mir lächelnd seine Zahnbürste entgegen. Wofür er wohl länger braucht sind seine täglichen Aufgaben als Pflicht anzuerkennen. Nach einer Woche muss ich ihn jeden Morgen wieder – heute sogar unter unbegründeten Tränen – ins Bad überreden bzw. schieben. Dort angekommen putzt er die Waschbecken und eine Toilette sehr sorgfältig. Ich stehe daneben, lobe ihn und erinnere zwischendurch daran, den Lappen auszuwaschen und auszuwringen.
Mich freut, wie verständnisvoll die anderen Jungs mit ihm umgehen. Auch wenn er ihnen lieber die Karten oder den Ball wegnimmt als mitzuspielen, erklären sie ihm geduldig erneut die Spielregel. Außerdem sprechen sie oft auf seiner Muttersprache (Quechua) mit ihm.
Seinem Namen („Engel“ auf Spanisch)entsprechend verhält er sich zwar (noch) nicht unbedingt, aber zumindest hört er mittlerweile auf ihn und schneidet Grimassen anstatt sich zu verstecken. Ich sehe ihn gerne Lachen, es ist immer echt. Es ist schön „poco a poco“ seine positive Entwicklung zu beobachten!


21.02.-27.02. Neues zu unserem Fast-Engel

Angel kann sehr gut singen und macht das sehr mutig! Heute habe ich ein älteres Mädchen während des Gottesdienstes überzeugt, ihm die Rassel zu geben. Er hat sofort den Rhythmus gekannt und das Lied aus der Mitte weiterbegleitet.
Außerdem baut er mit viel Sorgfalt und Konzentration verschiedenste Burgen und Türme aus Holzbausteinen.
Er schlägt die anderen Kinder, vor allem die Jüngeren ohne ersichtlichen Grund. Auch wenn er sie beim Spielen ärgert, wehren sie sich leider oft auf ähnliche Art. So waren meine häufigsten Worte in der letzten Woche: „No se pega! Nunca! Por favor, habla con el!“ (Man schlägt nicht! Nie! Bitte sprich mit ihm!)
Abends hört er allerdings in der Regel nach der ersten Aufforderung ruhig zu, wenn ich vor dem Schlafengehen noch eine Geschichte vorlese. Wie die anderen Jungs auch, setzt er sich neben mich auf das Bett und schaut das Bild der Schlacht von Robin Hood an. Heute Morgen hat er ohne Aufforderung sorgfältig sein Bett gemacht und sein Schlafanzug zusammengelegt. Am darauffolgenden Morgen hat er auch ohne weitere Aufforderung seine Putzaufgaben im Bad erledigt. Mit viel Eifer arbeitet er im Garten, in der Bäckerei oder bei anderen Tragearbeiten. Gestern hat er Luftsprünge gemacht, als ich vorschlug auf den Spielplatz zu gehen und er hat den ganzen Nachmittag ohne Schläge gespielt und jede Aufforderung nach dem ersten Mal befolgt. Er ist sehr geschickt und besitzt eine außergewöhnlich gute Körperbeherrschung, stellte ich zum Beispiel am Klettergerüst, beim Basketballspielen (er warf mehr Körbe als ich, obwohl er nur halb so groß ist) und beim Murmelspiel fest. Mittlerweile spricht er häufiger mit den anderen Kindern und kann auch mit ihnen zusammen fair spielen.

Nach dem Duschen und vor dem Schlafengehen gibts Zahnpasta zum Zaehne putzen

Sonntag morgens vor dem Markt in Quiquijana

mit Spass beim allmorgentlichen Putzen

Am Kochen

Samstag, 13. Februar 2010

Danke der Kolping-Familie

Vielen herzlichen Dank an die Kolping-Familie Froschhausen für ihre großzügige Spende an unser Projekt. Das Geld hilft uns sehr bei der Fertigstellung des Gewächshauses und der Errichtung der Zahnarztpraxis. Neben den Schwestern haben sich auch die Kinder sehr gefreut, als ich ihnen von der Unterstützung aus Deutschland erzählt habe. Sie wissen mittlerweile auch, was ein Missionsessen ist, für das wir nicht nur finanziell Erfolg wünschen, sondern auch eine spürbare Solidarität und Gemeinschaft über die Grenzen unserer Kontinente!

Ein Tag in der Albergue

Hallo,

während der Schulferien finden hier Förderkurse in der Schule statt, an denen Kinder freiwillig teilnehmen können. Deshalb verläuft unser Wochentag fast wie in der Schulzeit. Ich wecke die Jungs (weil mein Schlafzimmer im Schlafraum der Jungs liegt) um viertel nach sechs und motiviere sie bis ca. halb sieben ohne Kleidung, mit Handtuch und Seife zur Dusche zu gehen. Je nachdem, ob das Wasser warm oder kalt ist, dauert das Duschen länger oder kürzer. Falls sie sich mal wieder in eine Wasserschlacht verfangen haben und die Seife unberührt vor der Dusche liegen bleibt, fange ich zum zweiten Mal an zu zählen; natürlich rückwärts. Jeder der Jungen kann mittlerweile auf Englisch (und natürlich auf Kastellanisch – ich wechsle ab und zu) mindestens bis 10 zählen! Falls sie es nicht schaffen, fertig zu sein, wenn ich bei Null angekommen bin, müssen sie in Kauf nehmen, dass ich sie nackt sehe. (So viel Rücksicht nimmt die Schwester nicht. Deshalb meint sie, die Jungs seien es gewöhnt, dass Frauen sie sehen.)
Nach dem Duschen schaffen es einige sich anzuziehen, bevor ich die Zahnpasta verteile. Der Rest tappt mit Handtuch um die Hüfte und Zahnbürste in der Hand zum Waschbecken. Zähneputzen scheint ihnen Spass zu machen und sie tun es gründlich. Die Zähne der Kinder aus der Albergue sind so weiß und sauber wie keine der Kinder aus dem Dorf stelle ich leider immer wieder erschreckend auf der Straße oder in der Schule fest. Die geplante Zahnarztpraxis in Quiquijana, welche unser Projekt noch dieses Jahr erweitern soll, ist dringend notwendig.
Nach dem Bettenmachen geht es an die täglichen Dienste. Jedes Kind hat wöchentlich wechselnd neben einigen persönlichen Verantwortungen eine Reinigungsaufgabe: Bad schrubben und wischen, Waschbecken und Spiegel putzen, Schlafraum kehren oder putzen, Treppen oder Hof kehren, Teller abwaschen, Frühstück vorbereiten, Essensraum kehren, Tische abwischen…
Das passiert (fast) alles vor dem Frühstück um halb acht. Ab acht machen sich die Schulkinder mit ihren zwei Stücken frischem Obst auf den Weg. Die jüngeren Kinder, die Kinder der Köchin und zwei ältere Mädchen bleiben in der Albergue. Sie helfen das Mittagessen zuzubereiten: Unsere Mädels sind Weltmeister im Kartoffelschälen und Bohnen pellen! Da muss ich noch viel lernen.
Vormittags verbessern wir einige Gegenstände der Albergue (kaputte Bücher und Spiele, zu flickende Kleidung, die Stühle des Hausaufgabenraumes, die Eingangstür, die Holzbänke im Freien…), spielen mit den Jüngsten, kochen, packen Plätzchen ab und manches mehr. Um elf Uhr mache ich mich dann mit einigen Kindern auf, um Wasserbomben, Kekse, Gelatine-Frucht-Tütchen und Lutscher in der großen Pause des Colegios (der weiterführenden Schule) zu verkaufen. Dazu laden wir unsere Körbe - manchmal auch die kleinen Mädchen - auf das Triciclo, das gleichzeitig unseren Verkaufsstand darstellt. So machen das hier alle Frauen, die versuchen, auf der Straße, auf dem Markt oder an irgendeinem Ort mit Passanten etwas zu verkaufen. Die Pause dauert ca. eine halbe Stunde, je nachdem ob es Strom gibt, um die Glocke zu betätigen, wer wann den Auftrag bekommt, sie zu drücken und ob die Lehrer da sind. Die kommen und gehen nämlich, wann sie Lust haben, wie es wirkt. Überhaupt erscheinen mir diese Ferienkurse weniger als Förderung als oft als Überforderung. Gerade auf die schwächeren Schüler und Schülerinnen scheint keine Rücksicht genommen zu werden. Alle bekommen die gleichen Aufgaben und Anforderungen. Differenzierung gibt es nicht, wenn ich mir die Hefte und Hausaufgaben der Kinder anschaue. Sie werden nicht in bestimmten Problembereichen besonders gefördert, sondern bekommen fast täglich neue Problemstellungen vorgesetzt, von denen sie noch nie etwas gehört haben. Das kann kaum eine Wiederholung des vergangenen Schuljahres sein!
Wenn die Kinder von der Schule zurückkommen, verteilen sie ihr Mittagessen und essen gemeinsam. Ihre Ernährung erscheint mir insgesamt ausgewogen und gesund: Sie verarbeiten nur frisches Gemüse und es gibt oft Salat. Was ihnen allerdings sicher fehlt sind Ballaststoffe. Ihr Brot, das sie morgens und abends dazu essen, backen sie nämlich nur aus Weißmehl. Aber das möchte ich ändern.
Nach dem Mittagessen und Abspülen waschen die Kinder ihre Wäsche: Mit ihren Händen und einer Bürste wird jeder Fleck sorgfältig ausgeschrubbt. Die Waschmaschine macht das nicht so gut, das wissen sie! Um halb vier beginnt die Hausaufgabenzeit. Ja, trotz freiwilligem Ferienkurs bekommen die Kinder Hausaufgaben auf und das nicht zu knapp. Wie schon angedeutet ist es für viele von ihnen unmöglich sie alleine zu bewältigen, was die Lehrer aber nicht zu interessieren scheint. Ich habe das Gefühl, ihnen relativ gut helfen zu können. Dafür reichen meine Spanischkenntnisse mittlerweile aus. Falls nach den Hausaufgaben noch Zeit bleibt, backen wir einmal pro Woche Brot oder lesen Bücher, spielen auf dem Hof oder gehen zusammen auf den nahen „Spielplatz“ (der eine Restaurierung dringend nötig hätte). Um sechs Uhr können die Kinder freiwillig mit den Schwestern zur Messe gehen. Soweit möglich, gehe ich mit, je nachdem, ob zu beaufsichtigende Kinder da bleiben. Um sieben Uhr gibt es Abendessen. Wir Freiwilligen schauen, dass jedes Kind seine Portion erhält. Danach verabschieden wir uns und essen selbst zu Abend.
Was jeden Tag einzigartig werden lässt und meine Motivation ausmacht, ist das Leben mit den Kindern: Ich lache mit ihnen, wenn sie Spaß machen, ich tröste sie, wenn sie weinen, ich fordere ganze Sätze, wenn sie mich etwas fragen, ich lobe sie für jedes gute Verhalten, das ich wahrnehme, ich fordere, um Entschuldigung zu bitten, wenn sie andere verletzen, ich motiviere sie, wenn sie entmutigt sind, ich lächele sie an, wenn sie mich anschauen, ich bete mit ihnen, wenn sie beten, ich singe mit ihnen wenn sie singen, ich tanze mit ihnen, wenn sie tanzen …

Carneval in Quiquijana

Hallo,
heute habe ich Fasnacht in Quiquijana erlebt! Die Kinder sind nachmittags - anstatt Hausaufgaben zu machen - mit der Schwester auf den Plaza de Armas gegangen, weil sie einen Tanz anschauen wollten, der dort wohl stattfinden sollte. Das hat Doro die andere Freiwillige, nebenbei von der Köchin erfahren. Als die Schwester neben uns die Treppe herab stieg um loszugehen, vergewisserten wir uns, ob sie jetzt mit den Kindern weg gehe. Sie sagte im Gehen nur kurz ja und verschwand. Keine der Schwestern hatte uns von dem ungewöhnlichen Nachmittagsprogramm erzählt oder uns eingeladen, mitzukommen. Aber daran, dass wir oft für deutsche Ansprüche nicht rechtzeitig informiert werden, haben wir uns gewöhnt.
Wir warteten auf einen Arbeiter und den letzten Jungen, um die Albergue dann hinter uns abzuschließen. Erwartungsvoll liefen wir auf den Marktplatz. Die Musik dröhnte bis zur Albergue. Schon auf der Straße zum Plaza wurden wir von zwei kichernden Mädels der Albergue empfangen. Erst auf den zweiten Blick merkten wir, dass sie triefend nass waren. Wie das passiert ist? Sie hätten wohl nichts tun können, sie wären einfach nass gemacht worden!
Ein Blick nach vorne sagte uns, dass der Tanz wohl schon vorbei ist. Nur noch einige Kinder sprangen wild um den Brunnen im Mittelpunkt. Zwei mit Luftballons und Luftschlangen geschmückte Birken standen an zwei Ecken. Wir fragten, ob sich die Mädchen umziehen wollten. Sie nickten. Vorher machten wir uns auf nach weiteren nassen Kindern der Albergue zu suchen. Schnurstraks auf den Brunnen zu. Ich vorne weg. Das war wohl der Startschuss für eine Herde wurfbereiter Jungen aus dem Dorf. Die Wasserbomben flogen nur so auf uns zu. Meine Hose tropfte bevor ich den kleinen Platz überquert hatte. Und wir hatten nicht mal unsere Superwasserpistolen (aus leeren Silikonbehältern) mitgenommen!
Als wir einige Kinder der Albergue am anderen Ende sahen, schauten sie uns nur lachend an: Als ob du in die Hose gemacht hast! Die Wasserattacke verfolgte uns bis zur Albergue. Drei wundersamerweise trockene Kinder begleiteten uns Freiwillige solidarisch.
Hat uns deshalb niemand gefragt, ob wir mit auf den Plaza de Armas wollen? Wenigstens war das Wasser der Dusche warm!

Sonntag, 31. Januar 2010

Zwischenseminar

Hallo,

letzte Woche haben wir mit dem Vorsitzenden der Organisation ein Zwischenseminar des Projektes durchgeführt, um unseren Einsatz und die Organisation der Albergue zu reflektieren und an einigen Punkten zu verbessern. Dr. Gravenkötter hatte das Seminar gut vorbereitet. Bevor wir zur persönlichen Reflexion und Ideenfindung mit ihm nach Arequipa reisten, besichtigte er die Albergue und führte einige Gespräche mit den Schwestern. Wir betrachteten Problemkonstellationen vor Ort gemeinsam und diskutierten sie direkt mit den betroffenen. Einige Loesungen konnten danach durch kleine Neuanschaffungen oder Umstrukturierungen direkt realisiert werden. Den Verlauf der Unterrichtseinheiten, der Hausaufgabenbetreuung, der Freizeitgestaltung und des Umgangs mit alltäglichen Problemen evaluierten wir dann in einigen Tagen gemeinsam in Arequipa. Dabei erarbeiteten wir unter anderem Grundsätze der fortzusetzenden Sexualerziehung, des spielenden Lernens und der Förderung der Lesefähigkeit.
Arequipa ist ein juengere Stadt als Cusco, deren huebscher historischer Stadtkern vom spanischen Postkolonialismus geprägt ist.
Weiter am Stadtrand erscheint die Armut noch schlimmer als in Cusco: keine Wasseranschlüsse, kein fruchtbarer Boden (bei 10 Tagen Regen maximal pro Jahr!), nur Staub, Steine und viele Menschen! Dabei besitzt Arequipa die größte Zementfabrik Amerikas! 60 % der Bevölkerung Südperus leben unterhalb des Existenzminimums. In der Sektion Arequipa haben sie keine Perspektive. In und um Cusco bleibt ihnen wenigstens zeitweise fruchtbarer Boden, um etwas Mais und Kartoffeln anzupflanzen, die sie dann tagelang an der Straße sitzend, Busse anhaltend an Man bzw. Frau zu bringen versuchen - und schließlich unter Wert abgeben. Ihre Kinder putzen Schuhe, machen Handstände auf der Straße oder putzen Autos, die an der Ampel stehen, um einige Centimos zu erbetteln.
Auch darüber haben wir mit Dr. Gravenkötter gesprochen. Der Tourismus scheint ihre einzige Überlebenschance.

Freitag, 29. Januar 2010

Das Feld der Albergue



Das Gerüst des ersten Gewächshauses steht. Links sieht man den Tierstall. Rechts (außerhalb des Bildes) wurde ein voll-ökologisches Wohnhaus für eine Familie erbaut, welche bald einzieht, um die Tiere und das Feld zu bewachen. Für ihre Arbeit auf der "Chacra" (wie der Acker hier auf Quechua heißt) dürfen sie kostenlos dort leben.

Wir spielen Indiaca

Mit den Schwestern in Chincheros zu Besuch bei der Familie einer Novizin

Samstag, 16. Januar 2010

Hallo,

in der ersten Woche habe ich mich schnell mit den Kindern bekannt gemacht. Sie spielen sehr gerne mit der Indiaca - einem Ball, der indigenen Ursprungs sein soll, aber den hier niemand kennt, die ich mitgebracht habe. Vormittags habe ich die Buecher der Bibliothek neu sortiert und farblich markiert, was den Kindern die Ordnung durchsichtig macht. Sie haben sich sehr gefreut selbst in die Bibliothek zu duerfen. Das war ihnen vorher verboten, weil Buecher falsch oder nicht zurueck gestellt wuerden. Das Farbsystem haben sie schnell durchschaut und besonders den Juengsten macht es Spass, auf die richtige Ordnung zu achten! Mit einigen habe ich gestern zusammen gelesen: Ich lerne die richtige Aussprache neuer Woerter - das Kind die angemessene Betonung!
Am Mittwoch bin ich mit einer Schwester und den Kindern den Berg hoch gewandert. Die Landschaft hier ist sehr schoen und trotz der Hoehe erscheint die steinige Erde fruchtbar. (Allerdings ist auch noch Regenzeit: Das bedeutet hier, dass es ziemlich regelmaessig zu einer Tageszeit einige Stunden kraeftig regnet. In Quiquijana ist das zum Glueck nachts und meistens noch eine halbe Stunde spaetnachmittags.)
Wir sind auf eine Wiese gelaufen, an deren Rand einige kirschaehnliche Baeume wachsen, deren Statur allerdings eher einem Strauch aehneln. Wie schon beim Arbeiten beeindruckt mich die Grob- und feinmotorik und die Koerperbeherrschung der Kinder hier, die ich beim Klettern und Pfluecken der wild wachsenden Fruechte beobachtete. Diese aus deutscher Perspektive ueberragenden Faehigkeiten haengen sicher auch mit den Lebensanforderungen hier zusammen.

Samstag, 9. Januar 2010

Angekommen

Hallo,

vielen Dank nochmal fuer eure reiche Unterstuetzung vor meiner Ausreise.

Vorgestern bin ich gut in Quiquijana angekommen. Die Kinder und die Schwestern haben mich sehr herzlich empfangen. Ich wohne in einem kleinen, aber huebschen Zimmer mit Bad im Schlafhaus der Jungen. Zurzeit sind weniger Kinder und Jugendliche in der Albergue, weil bis Februar noch Ferien sind. Sie sind sehr selbststaendig und helfen sich gegenseitig.
Gestern waren wir auf einer Feier bei den Eltern einer Schwester eingeladen, die morgen ihre ewige Profess erhaelt. Sie wohnen als Bauer in Chincheros, einem kleinen, armen Ort hinter Cusco, einige hundert Meter hoeher als Quiquijana. Kulturell ist er aber sehr reich. Inkas haben dort mit grossen Steinen riesige Plateaus wie eine uebergrosse Treppe in den Berg gebaut. Wunderschoen. Nachmittags hat es ploetzlich angefangen in grossen Koernern heftig zu hageln. Das Schauspiel haben wir uns - zusammen mit einigen Arbeitern vom Feld - von den Stufen der sehr antiken Kirche dort angeschaut.
Heute sind wir kurz nach Cusco gefahren - um uns bei euch zu melden!

Bis bald,
Johanna Werner