Samstag, 20. Februar 2010

Ein Engel für die Albergue?!

Letzte Woche ist ein Junge neu in die Albergue gekommen. Er sei acht Jahre, gab seine Mutter an, konnte aber kein Wort Kastellanisch – ist also noch nie in der Schule gewesen. Bisher hat er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern gelebt und gearbeitet. Sein Vater ist tot. Die Mutter hat trotz der vielen Arbeit kein Geld oder Rohstoffe, um einen kleinen Beitrag für die Aufnahme ihres Sohnes zu leisten.
Der geregelte Ablauf in der Albergue, den er an den anderen Kindern beobachtete, verunsicherte ihn sichtlich: Er versteckte sich und rannte weg, während man mit ihm sprach. Er zuckte manchmal so ängstlich, als ob er Angst vor Gewalteinwirkungen hätte.
Bis heute konnte ich ihn nicht davon überzeugen, seine Baseball-Mütze zum Schlafen auszuziehen. Zumindest nutzt er mittlerweile seinen Schlafanzug. Wie verzog er das Gesicht, als er wohl zum ersten Mal Zahnpasta schmeckte. Er spuckte trotz Putzanweisung direkt aus!
Heute Morgen war er allerdings der schnellste beim Aufstehen und Duschen. Halb abgetrocknet streckte er mir lächelnd seine Zahnbürste entgegen. Wofür er wohl länger braucht sind seine täglichen Aufgaben als Pflicht anzuerkennen. Nach einer Woche muss ich ihn jeden Morgen wieder – heute sogar unter unbegründeten Tränen – ins Bad überreden bzw. schieben. Dort angekommen putzt er die Waschbecken und eine Toilette sehr sorgfältig. Ich stehe daneben, lobe ihn und erinnere zwischendurch daran, den Lappen auszuwaschen und auszuwringen.
Mich freut, wie verständnisvoll die anderen Jungs mit ihm umgehen. Auch wenn er ihnen lieber die Karten oder den Ball wegnimmt als mitzuspielen, erklären sie ihm geduldig erneut die Spielregel. Außerdem sprechen sie oft auf seiner Muttersprache (Quechua) mit ihm.
Seinem Namen („Engel“ auf Spanisch)entsprechend verhält er sich zwar (noch) nicht unbedingt, aber zumindest hört er mittlerweile auf ihn und schneidet Grimassen anstatt sich zu verstecken. Ich sehe ihn gerne Lachen, es ist immer echt. Es ist schön „poco a poco“ seine positive Entwicklung zu beobachten!


21.02.-27.02. Neues zu unserem Fast-Engel

Angel kann sehr gut singen und macht das sehr mutig! Heute habe ich ein älteres Mädchen während des Gottesdienstes überzeugt, ihm die Rassel zu geben. Er hat sofort den Rhythmus gekannt und das Lied aus der Mitte weiterbegleitet.
Außerdem baut er mit viel Sorgfalt und Konzentration verschiedenste Burgen und Türme aus Holzbausteinen.
Er schlägt die anderen Kinder, vor allem die Jüngeren ohne ersichtlichen Grund. Auch wenn er sie beim Spielen ärgert, wehren sie sich leider oft auf ähnliche Art. So waren meine häufigsten Worte in der letzten Woche: „No se pega! Nunca! Por favor, habla con el!“ (Man schlägt nicht! Nie! Bitte sprich mit ihm!)
Abends hört er allerdings in der Regel nach der ersten Aufforderung ruhig zu, wenn ich vor dem Schlafengehen noch eine Geschichte vorlese. Wie die anderen Jungs auch, setzt er sich neben mich auf das Bett und schaut das Bild der Schlacht von Robin Hood an. Heute Morgen hat er ohne Aufforderung sorgfältig sein Bett gemacht und sein Schlafanzug zusammengelegt. Am darauffolgenden Morgen hat er auch ohne weitere Aufforderung seine Putzaufgaben im Bad erledigt. Mit viel Eifer arbeitet er im Garten, in der Bäckerei oder bei anderen Tragearbeiten. Gestern hat er Luftsprünge gemacht, als ich vorschlug auf den Spielplatz zu gehen und er hat den ganzen Nachmittag ohne Schläge gespielt und jede Aufforderung nach dem ersten Mal befolgt. Er ist sehr geschickt und besitzt eine außergewöhnlich gute Körperbeherrschung, stellte ich zum Beispiel am Klettergerüst, beim Basketballspielen (er warf mehr Körbe als ich, obwohl er nur halb so groß ist) und beim Murmelspiel fest. Mittlerweile spricht er häufiger mit den anderen Kindern und kann auch mit ihnen zusammen fair spielen.

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